Freitag, 1. November 2019
Als Niederbayern noch am Meer lag
Früher war nicht alles schlecht. Früher, als Amsterdam noch ein Vorort von Straubing war.

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Dienstag, 29. Oktober 2019
Folter ist eine feine Sache


Leute, die Uhr läuft. Was wird geschehen?
* Wird nix geschehen, weil auf "Fisch und Fleisch" derartige Verbalexzesse ganz normal sind?
* Werden die Kommentare gelöscht, weil die "Fisch und Fleisch"-Moderation ein wahrer Freund ist und den beiden Freunden die andauernde Schande ersparen will?
* Werden die beiden Menschenfreunde gesperrt? Und falls ja, für mehr als drei Tage?
* Wird der Account von H. E. dauerhaft gelöscht, da zumindest er Wiederholungstäter ist? "Nachlesen wie die Engländer die Schwarzen sahen und behandelten--da wurde von einer primitiven Rasse gesprochen - von Neger - und das war normal - weil sie ja auch recht hatten." Das war im inzwischen gelöschten Blog "Herbert: Afrikaner wollen nicht wie wir Europäer denken und arbeiten".
* Oder wird Theodor Rieh gesperrt oder gelöscht, weil er die begangenen Straftaten - Volksverhetzung und Billigung von Straftaten - bekannt gemacht hat? [1]

Auf ein Wort, liebe Frau Jelincic: Wird's dir nicht allmählich selber schwindlig, wenn du dran denkst, welches schweinische Gesindel dein - eigentlich ja wunderschönes - Projekt "Fisch & Fleisch" inzwischen angezogen hat?


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[1] Einen "Nestbeschmutzer" nennt man bekanntermaßen niemals den, der ins Nest geschissen hat, sondern noch stets den, der auf den Haufen deutet und sagt, hier habe einer hingeschissen.

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Mozart
Es soll ja Leute geben, die Beethoven für einen Österreicher halten, Hitler dagegen für einen Deutschen. Darüber lächeln viele.
Noch verrückter ist (und darüber lächeln nicht mehr so viele, weil sie es nicht wissen): Es gibt Leute, die Mozart für einen Österreicher halten! Ja, okay, dem Mozart seine Mutter Anna Maria Walburga Pertl war aus St. Gilgen im Salzkammergut und damit Österreicherin. Aber erstens hat St. Gilgen in seiner Geschichte ein paar mal zwischen Salzburg und Österreich gewechselt. Und zweitens zählte damals noch die männliche Linie, die Frau als eigenständiges Rechtssubjekt ist erst 1789, zwei Jahre vor Wolfgang Amadeus Mozarts Tod erfunden worden. Eh schon wissen: Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit. 1990 (also neunzehnhundertneunzig, nicht siebzehnhundertneunzig) hat man dann auch in der Islamischen Republik Schweiz - allahu emmenthal! - die Frauengleichberechtigung eingeführt.
Wo war ich gleich stehengeblieben? Mozart, ich mein jetzt Leopold, hatte 1 Migrationshintergrund. Er kam aus der Freien Reichsstadt Augsburg und hatte sich in Salzburg niedergelassen, wo seine Kinder geboren wurden. Mozart, das Wolferl, desgleichen das Nannerl waren also Bürger des Fürsterzbistums Salzburg, das zu ihren Lebzeiten NICHT-UND-NICHT-UND-NICHT zu Österreich gehörte.
Mozart einen Österreicher zu nennen wäre so, als würde man Immanuel Iwanowitsch Kant als Russen einstufen.

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Ausene Windräder
Vor drei Jahren (oder waren es doch vier?) mußte ich zur Fortbildung nach Berlin. Du frägst dich natürlich, wieso ein dermaßen qualifizierter Mensch wie ich zu einer Fortbildung muß. Ich frage mich das auch, aber es hilft nix. Ich muß nach Berlin, um mir dort die Fortbildungspunkte zu ersitzen, die ich brauche, um als verkehrspsychologischer Kursmoderator und Berater akkreditiert zu bleiben.
Früher, als die Welt zwar längst nicht mehr gut, aber doch besser war als heute, hätte ich nach Bonn gemußt, das ist zwar auch nicht viel näher als Berlin, aber doch sehr viel katholischer.
Wie auch immer... Der Lokführerstreik hatte mich in den Fernbus gelockt. Dort saß ich nun und schaute mir die zunehmend langweiliger werdende Landschaft an. Was selbst einem Deppen beim Nordwärtsfahren auffällt ist die Zunahme der Windräder. Da stehen ganze Batterien von Windrädern nah beieinander und... ja, leck mich fett, wenn da 10 Windräder sind stehen mindestens fünf, wahrscheinlich aber sechs oder sieben still.
Ich zupfte meinen Sitznachbarn am Ärmel und wies ihn auf die stillstehenden Windräder hin. "Das ist", seufzte ich, "eine Folge der Energiewende. Da schaltet man ein Atomkraftwerk nach dem anderen ab und dann ist auf einmal nicht mehr genug Strom da, die Windräder anzutreiben. Gerade im Sommer, wenn es heiß und fast windstill ist, wäre es sehr angenehm, wenn einem diese Landschaftsventilatoren Kühlung zufächelten."

Mein Sitznachbar schaute mich irritiert an, wenige Minuten später raffte er unter einem nichtigen Vorwand seine Sachen zusammen und setzte sich woanders hin.

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Warum kriegen immer nur die anderen den Nobelpreis?
Letztens hatte wieder mal ich Putzdienst auf der internationalen Raumstation ISS. Der Ältestenrat der ISS hatte darauf bestanden, daß diesmal unbedingt die Fenster geputzt werden sollten, von außen. Durch den beständigen Regen der letzten Zeit hatten schleimige Schlieren die Sicht nach außen fast unmöglich gemacht. Keine guten Voraussetzungen für die Beobachtung des Weltraums. Ich also raus, mit Wischmop und Putzeimer. Runterfallen konnte ich nicht, man hatte mich angeseilt, denn dieses Universum ist eine Scheißgegend und du mußt höllisch aufpassen, daß dir nix passiert [1].
Wie auch immer, irgendwann war ich fertig mit putzen. Kaum war ich wieder drinnen, erfuhr ich von der Kollegin Olga, der Literaturnobelpreis sei soeben an den Österreicher Peter Handke verliehen worden. Dann fragte sie mich, wo um alles in der Welt denn dieses Österreich liege, aber ich schmetterte sie ultracool mit der Gegenfrage ab, wieso der Nobelpreis immer nur verliehen würde, niemals verschenkt.
Übergangslos begann ich dann zu weinen. "Wieso?", so schluchzte ich, "bekommen Krethi und Plethi in einer Tour den Literatur-Nobelpreis, ich dagegen nie? Obwohl ich so gottvolle Geschichten geschrieben habe, Theaterstücke und Romane?"
Olga setzte sich auf einen Stuhl - ein Stein war nicht zugegen - und dahte bein mit beine. Es war ein ganz liebreizender Anblick, allein, sie erhob sich nach wenigen Sekunden schon. "Vielleicht", meinte sie schnippisch, "liegt es daran, daß deine Sachen nie einer veröffentlichen wollte?"
Das war's, sie hatte recht.
Wenn wir erst mal aus diesem Scheiß-Universum raus sind, werden wir heiraten.

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[1] Die Australier zum Beispiel müssen sich beständig am Boden festkrallen, damit sie nicht von der Unterseite der Erdkugel runterfallen in die unendliche Leere des Alls.

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Sonntag, 27. Oktober 2019
Unberechenbar?
Eine ganz kleine Einführung in die Quantendings

Das Leben ist oft wahnsinnig ungewiß - und dabei dennoch nicht zur Gänze unberechenbar. Wie oft schon habe ich am Samstag nicht gewußt, wem ich morgen in die Fresse hauen würde. Und doch - noch jeden Sonntag hat es eine Schlägerei gegeben.

P. S.: Dieses noch zum Thema "Gewalt und Unterhaltung"

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Samstag, 26. Oktober 2019
Dahoam wird dahoamig gesprochen, basta!
In dem zurecht kaum bekannten österreichischen Internet-Forum "Fisch und Fleisch" sonderte vor einiger Zeit jemand einen markigen Satz (1) ab, dessen Logik man sich schwer entziehen kann: "Wer nicht deutsch lernt, kriegt weniger Moneten."
Ich entgegnete ihm:
Das ist so eine Sache. Ich war ja selber 10 Jahre lang Ausländer. Meine Frau sprach zwar wesentlich besser Italienisch als ich, aber auch sie war anfangs nicht recht damit zufrieden. Die damals noch ziemlich jungen Kinder (10 und 12 Jahre alt) konnten seinerzeit überhaubenz kein Italienisch, aber - immerhin - sie gingen jeden Tag in die Schule und sie waren noch sehr jung. "Weißt was", sagten wir uns gegenseitig, "wir sprechen auch dahoam nur noch Italienisch. So lernen wir von unseren Lendenfrüchten die italienische Sprache im Schnelldurchgang. Eine endgeile Idee, kannst nix dagegen sagen. Bis der Jüngste eines Tages deutsch sprach und ich ihm entgegnete: "Micky, was du eben gesagt hast, war nicht deutsch, sondern Italienisch mit deutschen Wörtern." Die durchgehend deutschen Wörter hatte er nach Art der italienischen Grammatik zu einem Satz zusammengebaut.
Heißt, der Knabe war dabei, seine erste Muttersprache zu verlernen, noch ehe er die zweite Muttersprache so recht beherrschte. "Alarm!" (2) war der Spruch des Tages. Von Stund an wurde bei uns daheim in Castellabate nur noch Deutsch untereinander gesprochen. Inzwischen haben beide Kinder längst ihre maturità mit Bestnote geschafft, sie haben vier Muttersprachen, Deutsch, Bairisch, Italienisch, Cilentano. Was willste mehr.


P. S.: Das Wort "deutsch" in deinem oben zitierten Satz schreibt man GROSS, anderenfalls es nämlich was anderes bedeutet. Ich schlage mal 15 % Kürzung deines Einkommens vor, wegen Nichtraffung der hiesigen Landessprache.


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(1) Auf "Fisch und Fleisch" sondern die meisten markige Sätze ab. Daher wahrscheinlich der Name Ostmark.
(2) "Alarm" kommt übrigens aus dem Italienischen, "all' arme", was so viel heißt wie "zu den Waffen".

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VibratorInnen
Ich glaub ja, daß kaum noch Frauen einen Mann heiraten würden, wenn Vibratoren Rasen mähen könnten.

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Freitag, 25. Oktober 2019
Samarkand
Im fernen Samarkand lebte einst eine in allen Künsten ihres Berufes erfahrene Hure namens Valva.
Eines Tages ging ein stattlicher Mann an ihr vorbei und sie sprach ihn an, nach Hurenart.
"Nein", antwortete dieser auf ihr freundliches Angebot hin, "so wie ich es haben möchte, kannst du es mir doch nicht machen."
"Du bist", fragte Valva, die ihr Geschäft schon dahinschwinden sah, "schwul?"
"Aber woher denn. Und doch - so wie ich es will, kannst du es nicht."
Valva, die Welt- und Berufserfahrene, zählte dem Manne nun alle nur irgend möglichen und einige fast nicht mögliche Arten von Geschlechtsverkehr auf und bekam jedes Mal ein geduldiges "Nein, so will ich es nicht" zur Antwort. Schließlich aber reißt auch der geduldigsten Hure der Geduldsfaden.
"Du sagst mir jetzt sofort, wie du es haben willst. Ich wette mit dir um 100 samarkandische Dublonen, daß ich es dir genauso machen kann, wie du es willst."
Der Mann begann zu lächeln, 100 samarkandische Dublonen sind schließlich eine Menge Geld, und er nahm die Wette an.
Er sagte, er wolle es - und grinste immer noch dabei - kostenlos und das könne sie ihm als Berufsmäßige nicht machen.
Valva entgegnete lächelnd: "Ich hab jetzt Feierabend, komm mit."
Der Mann nahm die Sache sportlich, war zufrieden mit Valva und bezahlte dann seine Wettschuld - das mehr als 10fache des damals üblichen Hurenlohns.

Der Mann aber war der König und da er ein weiser König und zudem noch ledig war, nahm er Valva zur Frau. Wahre Weise - und nur diese - wissen die größere Weisheit eines anderen zu schätzen.

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Es gibt keine Rassen
Eines muß klar sein, Mädels: ES GIBT KEINE RASSEN! Weder bei Hunden oder Katzen oder Rindern, schon gar nicht bei Menschen.

Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, dem wird irgendwann auffallen, daß es Hunde verschiedenster Rassen gibt.

Wer ganz genau hinschaut und auch nur für ein Fünferl zum Denken imstande ist [1], dem ist allerdings klar, daß es natürlich keine Rassen gibt. Rasse ist ein menschliches Denkkonstrukt, der Mensch denkt sich die Rassen in die Welt hinein. Jeder Mensch (weiblich) kann sich prinzipiell mit jedem anderen Menschen (männlich) paaren, so daß Nachkommen entstehen, die dann halt irgendwie ausschauen und es gibt ein wunderbares Durcheinander. Daß die Leute am Limpopo (fast) alle schwarz sind, an der Donau dagegen eher weiß, liegt schlicht am unterentwickelten (Reise-)Verkehr zwischen Donau und Limpopo. Daß die schwarzen Menschen schwerpunktmäßig am Limpopo leben und nicht an der Donau, liegt daran, daß unter vor- oder frühzivilisatorischen Lebensbedingungen in den Ländern um den Äquator die stark pigmentierte schwarze Haut ein enormer Überlebensvorteil war. Natürlich gibt es biologisch keine Rassen, das gilt für Menschen und das gilt selbstverständlich auch für Hunde oder Katzen oder Rinder.
Jeder Hund (weiblich) kann sich mit jedem anderen Hund (männlich) paaren, so daß Nachkommen entstehen (Gut, okay, die Paarung zwischen einem Chihuahua und einem Dobermann wäre in der Praxis etwas schwierig, aber sonst...). Reinrassige Deutsche Schäferhunde gibt es nur deshalb, weil die Züchter sorgfältig drauf achten, daß sich ihre Weibchen nur mit entsprechenden Rüden paaren. Ließe man die Hunde einfach nach Gusto entscheiden, wäre diese wohldefinierte Hunderasse bald verschwunden.
Die Mamma Ima, eine meiner vielen Hunde, hatte einst 15 Welpen. Gut, zwei davon kamen bereits tot zur Welt, bleiben 13. Bis auf einen Welpen hatten alle den Körperbau von Mamma Ima. Die Fellzeichnung dagegen war unterschiedlich, teilweise extrem unterschiedlich. Mamma Ima war sehr fleißig, sie hat sich seinerzeit mit wahnsinnig vielen Rüden gepaart.

Die beiden Schönen hier sind Sammy und Lola. Es sind Schwestern und zwar aus dem gleichen Wurf. Es gibt biologisch keine Rassen!
Soziologisch dagegen gibt es durchaus Rassen. Auch sie sind ein menschliches Denkkonstrukt, ein Denkkonstrukt aber, das ungeheure Auswirkungen auf das Leben von Menschen hat. In unserer real existierenden Welt ist es absolut nicht gleichgültig, mit welcher Haut­farbe ich auf diese Welt gekommen bin.
Jemand wie Obama wäre noch in den sechziger Jahren aus dem Scheißhaus geprügelt worden, wenn er sich in ein Abteil für Weiße verirrt hätte.
Festzuhalten bleibt, daß die ganze Rassenhuberei eine menschliche Erfindung ist. Da hat Hägar der Schreckliche

einen Hund, der aussieht wie ein Wolf.
"Ey, Hägar, ich will auch so einen Hund", sagt Sven Glückspilz und so geht Hägar daran, seinen Hund mit einem anderen Hund zu paaren, der ganz ähnlich aussieht wie der erste Hund. Von den Welpen schauen nur die wenigsten so aus, wie die Elterntiere, die nicht ähnlichen werden mit dem Kopf an einen Stein geschlagen und weggeworfen. Züchterischer Bio-Müll.
Nur die ähnlichen werden behalten und weitergezüchtet und irgendwann ist Hägar so weit, daß bei einer Paarung von Wolfshund mit Wolfshund fast nur noch kleine Wolfshunde rauskommen. Die definiert er nun als Rasse.
Was ich sagen will: Rassen findet der Mensch nicht vor, er muß sie vielmehr erzeugen .
" Aktuell wird 'Rasse' taxonomisch nur noch für Haustiere und Kulturpflanzen verwendet (vgl. Rasse (Züchtung)), ist wissenschaftlich obsolet und kommt mehr und mehr außer Gebrauch."
Wikipedia
Und weiter, ebenfalls Wikipedia:
" In der Biologie wird die Art Homo sapiens heute weder in Rassen noch in Unterarten unterteilt. Molekularbiologische und populationsgenetische Forschungen seit den 1970er Jahren haben gezeigt, dass eine systematische Unterteilung der Menschen in Unterarten ihrer enormen Vielfalt und den fließenden Übergängen zwischen geographischen Populationen nicht gerecht wird. Zudem wurde herausgefunden, dass die augenfälligen phänotypischen Unterscheidungsmerkmale der Rassentheorien nur von sehr wenigen Genen verursacht werden, der größte Teil genetischer Unterschiede beim Menschen stattdessen innerhalb einer sogenannten 'Rasse' zu finden ist. Überdies ist etwa die Hautfarbe evolutionär ein sehr labiles Merkmal, das heißt, sie hat sich bei Wanderungsbewegungen menschlicher Populationen über verschiedene Breitengrade hinweg in relativ kurzer Zeit verändert. Dies liegt daran, dass die Hautfarbe unter starkem Selektionsdruck steht. So gehen Anthropologen heute davon aus, dass die ersten Europäer (Cro-Magnon-Mensch) dunkelhäutig waren.
Die Einteilung des Menschen in biologische Rassen entspricht damit nicht mehr dem Stand der Wissenschaft. Dennoch wird der Begriff bisweilen in der biomedizinischen Forschung und im üblichen Sprachgebrauch in manchen Ländern (etwa in Lateinamerika) nach wie vor verwendet.
"

Dieses noch zum Thema...



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[1] Das ist gottlob nur eine kleine radikale Minderheit.

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Donnerstag, 24. Oktober 2019
Unter den Talaren
Den alten 68er-Sprechgesang "Unter den Talaren / Muff von 1000 Jahren" singe ich seit vielen Jahren schon auf die Melodey von "Lili Marleen" [1], meine Kinder sind damit aufgewachsen.

Wie auch immer, vor gar nicht so langer Zeit habe ich andernorts und jetzt auch hier über die Gefahren des Lachens geschrieben.

Ich schrieb unter anderem: "Nichts fürchtet der Mächtige so sehr wie ausgelacht zu werden, wenn er voll Würde einherschreitet oder herumsteht.

Das Bild ist von 1961, Universität Marburg. Kabarett pur. Der Rektor sieht aus wie der Bruder von Joseph Beuys, ohne es zu sein, die beiden hinteren Figuren erinnern mich an Rosenkranz und Güldenstern, die mal wieder gar nichts kapieren. Kabarett pur."

Das Bild habe ich vor Jahren gefunden, irgendwo in den unendlichen Weiten des Internets. Je öfter ich das Bild betrachtet habe, die darunter stehenden Zeilen gelesen habe, desto mehr kamen mir Zweifel. Ist das Bild vielleicht wirklich "Kabarett pur"? War ich einer Fälschung aufgesessen, einer dreisten Photomontage studentischer Revoluzzer? Das konnte doch gar nicht sein, drei Narrengesichter auf einem Bild, festgehalten im Augenblick ihrer allergrößten Narretei .

Auf der Suche nach etwas ganz Anderem bin ich vor kurzem wieder auf das Bild gestoßen, diesmal in einen größeren Zusammenhang gebettet. Die "Oberhessische Presse" aus Marburg berichtete 2009 über eine Ausstellung des Universitätsmuseums, anläßlich derer im Marburger Landgrafenschloß "Kostbarkeiten des Universitätsarchivs" gezeigt wurden. Das Bild zeigt, wie der damalige Rektor [2] Hans Erhard Bock von Theo Nebel und Georg Naumann in die Aula der Alten Universität geleitet wurden.

Ich war fassungslos. Das Bild ist echt.



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[1] Damit man das singen kann, müssen natürlich einige ansonsten absolut überflüssige Silben wie "Lalalalala" eingefügt werden.

[2] Ich nutze die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß die Wörter "Rektor" und "rektal" den gleichen Wortstamm haben. Die ackerdemische Sprache ist überhaupt nah am Scheißhaus ("Hajsl" sagt sowohl der Tscheche als auch der Österreicher) gebaut. Die alte Anrede "Magnifizenz" für den Universitätsrektor kommt vom lateinischen "magnum facere", was soviel heißt wie "groß machen", also scheißen. Aber, bittschön, "Kultur" kommt schließlich auch von "colere", das heißt Landbau betreiben. Die letztere Information stimmt sogar.

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Von den Gefahren des Lachens
Wer erinnert sich noch an Umberto Ecos im Mittelalter spielenden Kriminalroman "Der Name der Rose"? (Gott, wie lange ist das inzwischen her, seit ich das gelesen habe?) Es geht darin um das letzte, noch erhaltene Exemplar von Aristoteles' "Zweitem Buch der Poetik", das sich mit der Komödie und dem Lachen beschäftigt. Einer der Mönche hält dieses Buch für so gefährlich, daß er es vor den anderen Mönchen und damit letztlich vor der Nachwelt versteckt. Gefährlich ist ihm das Buch unter anderem deshalb, weil darin (angeblich, das Buch ist, wie gesagt, nicht mehr erhalten) von der subversiven Macht des Lachens und des Witzes gesprochen wird. Das Buch verbrennt und mit ihm die Bibliothek und das ganze Kloster.

Nichts fürchtet der Mächtige so sehr wie ausgelacht zu werden, wenn er voll Würde einherschreitet oder herumsteht.

Das Bild ist von 1961, Universität Marburg. Kabarett pur. Der Rektor sieht aus wie der Bruder von Joseph Beuys, ohne es zu sein, die beiden hinteren Figuren erinnern mich an Rosenkranz und Güldenstern, die mal wieder gar nichts kapieren. Ja, so war das früher. Und heute...

Dieses Bild ist aus dem Jahre 2009, Bonn. Und nein, das sind keine rheinischen Karnevalsjecken.

Stell dir vor, ein Bundespräsident wie der damalige Gauck sülzte seine üblichen Platitüden ab, und ein Teil des Publikums pfiffe und buhte ihn aus, würfe gar mit Eiern nach ihm. Was würde passieren? Großes Staatstheater würde sein, Gauck würde sich köstlich empören. Nun aber - Kopfkino - stell dir vor, ein Teil des Publikums, wäre groß genug, sich Gehör zu verschaffen und lachte ihn an den entsprechenden Passagen aus, bliebe ansonsten aber durchaus im Rahmen höflicher Konvention...

In seiner Dankesrede bei der Verleihung des Nobelpreises für Literatur 1997 sagte Dario Fo: "Die Macht, und zwar jede Macht, fürchtet nichts mehr als das Lachen, das Lächeln und den Spott. Sie sind Anzeichen für kritischen Sinn, Phantasie, Intelligenz und das Gegenteil von Fanatismus. Ich bin nicht mit der Idee zum Theater gegangen, Hamlet zu spielen, sondern mit der Absicht, ein Clown zu sein, ein Hanswurst."

Fos Ehefrau, die großartige Franca Rame, sagt zum gleichen Thema:

"Wir glauben, daß Klagen falsch ist. Du weinst, gehst traurig nach Hause, sagst: ‚wie schön hab ich geweint‘, und schläfst erleichtert ein. Nein, wir wollen Euch zum Lachen bringen... . Es öffnet sich nicht nur der Mund beim Lachen, sondern das Gehirn. Und ins Gehirn können Nägel der Vernunft eintreten. Ich hoffe, daß heute abend einige Leute mit Nägeln im Kopf heimgehen..."

Meine Schwester wurde mal im Unterricht von einem Lehrer zurechtgewiesen. Sie hat ihn angelächelt, nichts sonst, sie hat ihn stumm ausgelacht. Der Lehrer war irritiert, er verschärfte seine Rüge, meine Schwester lächelte immer noch. Das zog sich so eine Weile hin, der Lehrer wurde immer wütender, ganz offen wütend. Schließlich hat er im Unterricht weitergemacht, kochend vor Zorn. Was hätte er auch machen sollen? Ihr einen Verweis geben, weil sie gelächelt hatte?

Die Hohe Schule ist natürlich, wenn man Andere einen Höhergestellten auslachen läßt.

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Donnerstag, 24. Oktober 2019
Subversiver Gehorsam
In keinem der Nachrufe auf Fritz Teufel, die ich seinerzeit gelesen habe, fehlt die mehr oder weniger ausführliche Schilderung jenes Vorfalls, bei dem der legendäre Satz fiel: "Na ja, wenn's denn der Wahrheitsfindung dient". Es scheint, als wäre es ganz vorrangig dieser eine Satz, den Fritz Teufel der Nachwelt hinterlassen hat. Ich fand sogar mehrmals die Anmerkung, Fritz Teufel habe damit Rechtsgeschichte geschrieben.

Auf den ersten Blick ist dies erstaunlich, denn sooo bedeutend scheint das Sätzlein nicht zu sein, daß es Unsterblichkeit verdient hätte. Vielleicht hilft es, wenn man den Zusammenhang betrachtet, in dem es gesprochen wurde.

Fritz Teufel war angeklagt gewesen, bei einer Demonstration Steine auf Polizisten geworfen zu haben (er wurde von diesem Vorwurf freigesprochen, dies nebenbei). Als er eine etwas allgemeinere, politische Erklärung vortragen wollte, wurde er vom Richter zurechtgewiesen, er möge nur solche Sachen vortragen, die der Wahrheitsfindung dienten. Kurz darauf betrat das Gericht nach einer Verhandlungspause den Saal und die Anwesenden, einschließlich der Zuschauer, erhoben sich von ihren Plätzen. Nur Fritz Teufel blieb sitzen.

Der Vorsitzende forderte ihn auf, er möge gefälligst aufstehen, wenn die Richter in den Saal kommen. Fritz Teufel schraubte sich gaaanz langsam hoch und sagte: "Na ja, wenn's denn der Wahrheitsfindung dient."

Der Witz der Aussage ist nun verständlicher, die Frage bleibt, warum dieser Satz damals und bis heute fortdauernd so gezündet hat.

Teufel macht hier etwas sehr Paradoxes: Er übt subversiven Gehorsam . Er beleidigt den Befehlenden, indem er dessen Befehl gehorcht , er bleibt aufrecht indem er sich beugt.

Wenn ein Ranghoher einem Rangniederen einen Befehl erteilt, dann hat der Unter mehrere Möglichkeiten:

- Er kann dem Befehl gehorchen. Das freut den Ober und erspart dem Unter Unannehmlichkeiten.

- Er kann sich dem Befehl widersetzen. Das ärgert den Ober zwar, aber er hat in aller Regel Möglichkeiten, den Unter zu bestrafen, was den Ober dann letztlich doch wieder freut.

- Er kann dem Befehl gehorchen, dabei aber gleichzeitig die Botschaft rüberbringen: "Ich halte dich für ein unbedeutendes Würschtl, aber gut, du hast das schärfere Schwert..."

Genau das hat Teufel getan. Wäre er auch nach der Aufforderung sitzengeblieben, so hätte er eine weitere Ordnungsstrafe kassiert. Der Richter hätte sich zwar über ihn geärgert, gleichzeitig aber die Genugtuung gehabt, daß er die Unbotmäßigkeit sanktionieren konnte. So, wie es dann tatsächlich gelaufen ist, war der Richter machtlos.

Der Saal hat gelacht, er hat über Teufels Bemerkung gelacht - und er hat den Richter ausgelacht. Einen Richter mitten in der laufenden Verhandlung straflos der Lächerlichkeit preisgeben - brillant! Der Richter muß damals geschäumt haben vor Wut.

Mit Ungehorsam kommen Ranghohe meist ganz gut zurecht, das gehört zur Grundausbildung. Subversiven Gehorsam dagegen lieben Mächtige überhaupt nicht.

In einem anderen Zusammenhang hat Fritz Teufel in einer Art Makro-Struktur die Justiz bis ins Mark blamiert und hat den ihn anklagenden Staatsanwalt als rechtsbeugenden Beweismittelfälscher, also als ganz normalen Verbrecher bloßgestellt.

Er war angeklagt gewesen, einen terroristischen Anschlag (mit)verantwortet zu haben. Er stritt den Vorwurf ab, der Staatsanwalt aber legte Beweismittel vor, die klipp und klar nachwiesen, daß Teufel der Täter sein müsse. Von der Verhaftung bis zum Ende des Prozesses saß Teufel klaglos in Untersuchungshaft, erst ganz am Schluß ließ er die Bombe platzen. Während der Tatzeit hatte er nämlich, unter falschem Namen, in einem großen Betrieb am Fließband gearbeitet, weitab vom Tatort. Das konnte er durch die Stechuhr und die Aussagen der Kollegen eindeutig nachweisen.

Zum Schluß noch ein Zuckerl, das Fernsehgeschichte geschrieben hat.

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Dienstag, 22. Oktober 2019
Kindisch
Ich bin manchmal sehr kindisch. Das hat jetzt eher wenig mit meinem Alter zu tun, denn kindisch bin ich schon sehr lange. Sehr, sehr lange, im Grund bereits von klein auf. Ich konnte noch nicht mal richtig sprechen, war aber schon perfekt kindisch.

Wenn du so was nicht von Kindesbeinen an lernst, wirst du es nie lernen.

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Playboys: Der Schnorrerkönig Poldi Waraschitz
In den fünfziger Jahren und zumindest noch in der ersten Hälfte der sechziger galt das knallharte Arbeitsethos des Wiederaufbaus. Der Wert eines Menschen bemaß sich an seiner Leistungsfähig- und -willigkeit. Entgegen einem verbreiteten Gerücht war in diesen harten, arbeitsreichen Jahren Genuß keineswegs verpönt, wenn er "verdient" worden ist. Wenn man was geleistet hatte, dann konnte man sich etwas gönnen, dann durfte man sich etwas gönnen. Geld war nicht einfach "verdientes Geld", sondern immer "sauer verdientes Geld". Geld, das nicht sauer verdient war, gab es nicht, bzw. darüber sprach man sowenig in der Öffentlichkeit wie über Bordelle und sonstige Obszönitäten.

Auf der anderen Seite war in den Medien, den Illustrierten vor allem, eine unheimlich beliebte Kategorie von Mensch der sog. "Playboy". Ein Playboy ist ein Mann, der Geld hat, viel Geld, unheimlich viel Geld. Soviel Geld, daß er es sich leisten kann, nicht (mehr) zu arbeiten, sondern stattdessen seine Zeit damit zu verbringen, das Geld mit vollen Händen auszugeben. Über Playboys wurde in den Illustrierten fast mehr geschrieben als über gekrönte Häupter, woraus sich zwanglos folgern läßt, daß man Playboys einerseits (natürlich) verachtete, weil sie dem Arbeitsethos so entschieden ins Gesicht schlugen, sie andererseits aber auch (mindestens ebenso natürlich) unheimlich beneidete, weil sie sich diese Mißachtung leisten konnten.

Der Industrie-Erbe Gunter Sachs war einer dieser international bekannten Playboys, ein anderer war ein in Neapel geborener Brasilianer mit italienischem Namen: "Baby" Pignatari [1]. Dieser Baby Pignatari hatte sein Vermögen offensichtlich nicht wie Gunter Sachs ererbt, sondern selbst erworben. Er pflegte zu sagen, er habe die erste Hälfte seines Lebens damit zugebracht, wie ein Tier zu schuften, habe damit ein Vermögen erworben und verbringe nunmehr die zweite Hälfte des Lebens damit, von der ersten Hälfte auszuruhen [2].

Auch einige der Playboys legten also Wert auf das Herausstreichen des Arbeitsethos.

Diese Playboys bewegten sich im Laufe eines Jahres um die Welt, schwerpunktmäßig in Europa. Im Winter war man in St. Moritz, im Sommer an der Côte d'Azur, vor allem in St. Tropez. Wo immer man war, gab man Parties, ging zu Parties. Es war Pflicht, solche ernsthaften Dinge sehr locker zu nehmen. Jeder Eingeladene hatte das selbstverständliche Recht, wieder andere Leute mitzunehmen, so daß solche Parties - Platz genug war ja - oft von den Teilnehmern her sehr, sehr unübersichtlich waren.

Bestimmte Leute, die gewandt und frech genug waren, machten sich dies zunutze, indem sie sich mit allerlei Tricks Zutritt zu den Parties verschafften, dort Leute kennenlernten, die dazugehörten, die dachten, auch jene anderen Leute gehörten dazu, die einen dann wieder auf ihre eigenen Parties einluden oder zu anderen Parties mitnahmen. Diese Leute, die eigentlich nicht dazugehörten, nannte man die Schnorrer. Sie störten anfangs nicht weiter, man nahm sie kaum zur Kenntnis. Die Presse, die Gesellschaftsreporter der größeren Illustrierten, sahen in diesen Schnorrern jedoch interessante Leute, meist erheblich interessanter als die eigentlichen Playboys. Man berichtete über sie und einer von denen, über die am meisten berichtet wurden, war der sog. Schnorrerkönig Poldi Waraschitz, dem Namen nach ganz offensichtlich ein Österreicher. Warum "König" weiß ich nicht mehr, vermutlich deshalb, weil er am häufigsten präsent war, am dicksten absahnte und überhaupt besser als andere mit den Spielregeln zurande kam.

Die eigentlich nötige Anonymität ging den Schnorrern damit verloren, sie tauschten sie aber mit einer gewissen eigenen Prominenz, die sie mehr und mehr zu unentbehrlichen Attributen der Parties machte. Wenn du als Groß-Playboy eine Party gabst und Schnorrerkönig Poldi Waraschitz war nicht auf deiner Party anwesend, dann war das ein dickes Zeichen dafür, daß du nicht mehr (noch nicht, nie) zur Creme de la Creme der Party-Society gehört hast. Eine Katastrophe!

In einem anderen Zusammenhang habe ich geschrieben, in diesem Scheiß-Internet müßte man jede Information, die einem komisch vorkäme, überprüfen, da im Internet jeder, wirk-lich je-der Narr, etwas schreiben könne. Ich anempfehle meiner illustren Leserschaft, auch meine Geschichten mißtrauisch zu prüfen.

Die Geschichte vom Waraschitz Poldi ist aber wahr
wahr.

[1] Die Familie der Mutter von Pignatari, die Grafen Matarazzo, kommt aus Castellabate, wo ich zehn Jahre gelebt habe.
Ein Anderer aus der Familie hat 1959 das Paradox Zenons von Elea von Achilles und der Schildkröte aufgelöst, das heißt die Fragestellung in der Luft zerfetzt.

Eine Kuriosität am Rande: Einige Jahre lang hieß der Botschafter Italiens in Brasilien Matarazzo, während gleichzeitig der brasilianische Botschafter in Italien ebenfalls Matarazzo hieß.

[2] Es ist unglaublich, was für unwichtigen Scheißdreck man sich alles über die Jahrzehnte hinweg merkt, während anderes, ungleich wichtigeres, längst vergessen ist.

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